Die Mundhöhle als Sinnesorgan - ein Gradmesser für das Wohlbefinden

Trockene, aufgesprungene Lippen, kleine offene Stellen an der Mundschleimhaut, ein unangenehmer, schmerzender Belag auf den Wangeninnenseiten, ein fader Geschmack im Mund oder eine schlecht sitzende Prothese - das alles verdirbt die Vorfreude auf die Weihnachtsgans erheblich.

Und nicht nur der Genuss der Weihnachtsgans ist beeinträchtigt, sondern auch ganz allgemein das Wohlbefinden. Die Mundhöhle ist ein intimer Bereich des Menschen und gleichzeitig eines der feinsten Sinnesorgane. Wir nehmen über den Mund lebensnotwendige Flüssigkeit und energiespendende Nahrung auf und bereiten diese für den weiteren Verdauungsvorgang vor (Kauen). Wir empfinden beim Genuss aber auch Lust und Freude und nicht zuletzt vollzieht sich ein Großteil der Kommunikation über den Mund.

Der Mundraum ist also einerseits Gradmesser für die Möglichkeit der physiologisch notwendigen Nahrungsaufnahme - Schmerzen beim Kauen verhindern einen gesunden Appetit von vornherein - andererseits aber auch eine Verbindung zur Außenwelt - gemeinsamer Genuß von kulinarischen Köstlichkeiten und Kommunikationswerkzeug. Dieses außerordentlich empfindliche Organ kann man nur funktionstüchtig erhalten, wenn man es regelmäßig pflegt. Ungenügende oder nachlässige Mund- und Zahnhygiene ist nicht nur Ursache hoher Zahnarztrechnungen, sondern auch Anlass für Gesundheitsprobleme verschiedener Art.


Vereinfacht sieht diese Kettenreaktion wie folgt aus:

  • Nicht entfernte Speisereste an Zähnen und Zahnfleisch bilden Plaque
  • Plaque führt zu Karies (Zahnfäule) und zu Entzündungen des Zahnfleisches (Gingi vitis)
  • Diese wiederum begünstigt entzündlich degenerative Prozesse des Zahnhalteapparates mit Schwund von Knochen und Zahnfleisch (Parodontitis) mit Verlust der Zähne
  • Entzündungen im Bereich der Zahnwurzeln können zu Streuherden werden und die Entzündungen z.B. auf das Herz oder die Nieren weiterleiten


Verlust von Zähnen und Entzündungen im Mundbereich sind schmerzvoll. Das führt zu einer eingeschränkten Ernährung und im Lauf der Zeit zu Verdauungsstörungen und Mangelerscheinungen. Der zuletzt genannte Punkt ist besonders für hochbetagte und geistig beeinträchtigte Menschen von Relevanz, da sie die Symptome von Mangelerkrankungen für "normal in dem Alter" halten oder sie erst gar nicht wahrnehmen. Die Neigung zur Bildung von Belägen an Zähnen und Prothesen ist im Alter wegen der verminderten Speichelsekretion und des bevorzugten Konsums weicher und breiiger Speisen stärker als bei jüngeren Menschen.

Dem Speichelfluss kommt eine besondere Bedeutung zu. Er wird angeregt durch die Nahrungsaufnahme, durch das Kauen. Einerseits hat der Speichel die Aufgabe, zur Säuberung der Mundhöhle beizutragen, andererseits werden durch ihn die Schleimhäute feucht gehalten und die Nahrung für den Verdauungsprozess vorbereitet. Der Speichel fließt jedoch nur, wenn er dazu angeregt wird. Bei Nahrungskarenz (keine Aufnahme von Nahrung z.B. bei bestimmten Erkrankungen oder wegen Appetitlosigkeit) produzieren die Ohrspeicheldrüsen weniger oder gar keinen Speichel mehr. Dies führt zu einer sehr unangenehmen und schmerzhaften Parotitis (Entzündung der Ohrspeicheldrüse). Dieser kann man vorbeugen.

So kann man die Sekretion anregen, indem Zitronenscheiben ausgelutscht werden, Brotrinde oder auch Kaugummi gekaut wird. Ebenso ist die Zufuhr von ausreichender Flüssigkeit notwendig. Mundspülungen mit entzündungs-hemmenden Zusätzen, beispielsweise Kamille, werden als sehr angenehm empfunden. Aber Vorsicht: Mundspülungen dürfen grundsätzlich nur bei vorhandenem Schluckreflex und bewusstseinsklaren Menschen durchgeführt werden, da ansonsten die Gefahr des Verschluckens (Aspirationsgefahr) besteht!

Das Anregen der Parotitistätigkeit kann auch durch eine leichte Massage von den Ohrläppchen über die Wangen hin zum Kinn erfolgen. Das fördert, wenn durch eine Zweitperson durchgeführt, gleichzeitig den zwischenmenschlichen Kontakt und fällt in den Bereich der basalen Stimulation. Durch eine mindestens zweimal täglich durchgeführte Mundhygiene, ausreichend Flüssigkeitszufuhr und Anregung der Kautätigkeit können Erkrankungen im Mundbereich vorgebeugt werden. Bei alten Menschen, Schwerkranken oder dementen Menschen sollten Angehörige oder Pflegekräfte die Mundpflege unterstützen oder übernehmen.
 

Pflege von Prothesen
Dies gilt auch für die Pflege vorhandener Prothesen. Hierbei ist besonders auf einen vorsichtigen Umgang zu achten. So sollte man immer etwas Wasser im Waschbecken einlassen, damit beim Herunterfallen während des Putzens ein Zerbrechen der Prothese verhindert wird. Bettlägerige und immobile Patienten sollen soweit wie möglich dazu aktiviert werden, ihre Mundpflege selbst durchzuführen. Das stärkt das Selbstbewusstsein und führt mehr als die von einer Hilfsperson ausgeführte Mundhygiene zu einem angenehmen Wohlbefinden. Zu Beginn ist immer das Kopfende hochzulagern, damit ein Verschlucken verhindert wird. Hat das Bett keine dementsprechende Vorrichtung, kann man sich auch mit untergelegten Kissen behelfen. Beim Zähneputzen ist darauf zu achten, dass grundsätzlich von hinten nach vorne und von rot nach weiß (vom Zahnfleisch zu den Zähnen hin) gereinigt wird und zwar mitkreisenden Bewegungen. Dabei auch die Innenflächen der Zähne nicht vergessen.

Bei Trägern von Prothesen muß der Mund vor dem Einsetzen der gereinigten Prothese ebenfalls gesäubert werden. Eine Prothese sollte stets, wenn vom Betroffenen nicht selbständig ausgeführt, zuerst oben und dann unten aus dem Mund entfernt werden. Das Einsetzen erfolgt dann in umgekehrter Reihenfolge. Übrigens - Zahnprothesen sollten, sofern sie fest sitzen, auch über Nacht getragen werden, da sich ansonsten im Laufe der Zeit der Kiefer verformen kann. Besonders beachtet werden muss die Mundpflege bei sogenannten Risikogruppen. Dazu zählen insbesondere Menschen mit einer dauerhaften Mundatmung, Fieberpatienten, Menschen mit einem schlechten Allgemeinzustand, Menschen mit einer beabsichtigten (bei Transplantationen) oder krankhaften Immunabwehrschwäche und Tumorkranke bei Gabe von Zytostatika.

Ist es bereits zu einer Erkrankung in der Mundhöhle gekommen, so ist in jedem Fall eine Ärztin/ein Arzt zu konsultieren. Nur sie/er kann die richtige Diagnose stellen und die notwendige Behandlung verordnen. Auf Grund der möglichen Folgeerkrankungen und des allgemein eingeschränkten Wohlbefindens ist es jedoch ratsam, die Mundhygiene vorbeugend, regelmäßig und gründlichdurchzuführen. Natürliche Maßnahmen zur Unterstützung können sehr gut genutzt werden.

Dazu zählen:

  • Mundspülungen mit Tee (nach Lieblingsgeschmack) oder mit natürlichen Lösungen, z.B. Salbei, Kamille (in Apotheken erhältlich)
  • Leicht säuerliche Flüssigkeit, in kleinen Mengen und eisgekühlt.                 
  • Frische Früchte (Melone, Ananas, Orange)
  • Eiswürfel, eventuell vor dem Einfrieren mit Fruchtsaft beträufelt
  • Luftbefeuchter in der Wohnung
     

Mit diesen einfachen, aber wirkungsvollen Mitteln und Methoden und einer regelmäßigen Mundpflege ist nahezu jeder Mensch in der Lage, sich das Sinnesorgan Mund als solches auch zu erhalten. So steht einer duftenden und leckeren Weihnachtsgans nichts im Wege. Und auch dem Küsschen kann mit warmen Herzen und einem Kussmund entgegengesehen werden.